Tag 5: Casati-Hütte, 3.269 m

Auf zur Hochtour. Bei der betreten Bergwanderer vergletschertes Gebiet, meist oberhalb von 3.000 Meter Seehöhe. Um sie zu meistern, ist eine besondere Ausrüstung nötig, Ortskenntnis und eine gute Kondition. Die Gruppe erfüllt für die heutige Hochtour zur gut elf Kilometer entfernten Casati-Hütte all diese Anforderungen.

 

Zumindest sieht es so aus, als die Wanderer an der Zufallhütte morgens um 7.30 Uhr mit strahlender Sonnen starten. Im Rucksack sind Klettergurte und Karabinerhaken, Seile und Grödeln. Anders als mit diesen Spikes sind Schneefelder und nicht allzu schräge Eisflächen nicht zu betreten. Pullover, Regenklamotten, Handschuhe und Mütze sind obligatorisch.

 

Das erste Hinweisschild des Südtiroler Alpenvereins lässt hoffen: Casati-Hütte drei Stunden. Das geht ja. Die Strecke verläuft über eine weite Strecke bergan, weist also keine große Steigung auf. Ob das reicht? Immerhin sind 1.005 Höhenmeter zu bewältigen. Nach einer guten halben Stunde verspricht der nächste Wegweiser: Casati-Hütte 2 Stunden 50 Minuten. Irgendetwas stimmt hier nicht.

 

Wie hoch im Gebirge sich die Casati-Hütte tatsächlich verbirgt, entdecken die Wanderer beim ersten Anblick weit über dem Gletscher: Ganz oben, über dem Eispanzer, ist ein kleiner Klotz auszumachen - das Dach. Uff, ist das weit.

 

Nur noch wenige Höhenmeter, dann ist eine Felswand erreicht, um die 150 Höhenmeter steil zu erklimmen. Die ersten Wanderer gehen am Seil hinauf, um hinter der Barriere das Eis zu betreten. Über den Gletscher will dann die Gruppe die Casati-Hütte erobern.

 

Unglaublich, das Panorama, das sich aus schroffen Gipfeln, zerfurchten Eisflächen, Wasserfällen und Felsbarrieren zu einem herrlichen Bild zusammensetzt. Konzentriert folgt die Gruppe ihrem Bergführer Thomas Dempfle. Längst tragen sie Grödeln, sind kältefest angezogen. Über das Eis bläst starker Wind. Tritte werden in die weiche Oberfläche gesetzt, und wie ein bunt gewandeter Lindwurm winden sich die Wanderer auf ihrer Hochtour nach oben übers Eis.

 

Doch an einer Felsbarriere geht es nicht weiter: zu steil das Eis, zu hoch der Felsen, um ihn auf dem Rückweg wieder betreten zu können, zu spät der Tag. Die Prognose auf den Wegweisern ist schlichtweg zu optimistisch. „Ich denke, es ist sicherer, wenn wir umdrehen“, entscheidet der Bergführer. Es bedarf keiner weiteren Diskussion, alle stimmen zu. Außerdem verspricht er, eine Runde Cappuccino zu spendieren.

 

Weiterer Trost auf dem Rückweg: Mit nur wenigen Schritten lässt sich ein kleiner Berg erklimmen, der ein Gipfelkreuz trägt. Es gedenkt Sepp Holzner (1933 bis 1970), der Alpinist gehörte der Südtiroler Bergwacht an.

 

Ein Blick auf den Höhenmesser zeigt 3.100 Meter über NN an. Die Wanderer bewegen sich nach drei Tagen der Akklimatisierung völlig unangestrengt in dieser Höhe. Und: Auch heute haben sie einen 3.000er geschafft, sogar mit nur wenigen Schritten. Das relativiert die nicht ganz beendete Hochtour.

 

Auch der Abstieg zur Zufallhütte ist eine Freude. Wieder sind Grund- und Seitenmoränen aus dem Lehrbuch zu sehen und Gipfel, welche die Wanderer selbst schon erklommen haben. Kurz: eine Wanderung in unglaubliche Natur.

 

Noch eine Erkenntnis: Eine kleine Dusche erfrischt schon kurz vor der Hütte. Susanne, Bergwanderin aus Leidenschaft, stellt sich für ein Foto unter einen Mini-Wasserfall, der direkt neben dem Wanderweg einen Felsüberhang hinunter spritzt. Jetzt kann das Abendessen kommen.

 

Gehzeit 8 Stunden, Auf- und Abstieg 1.100 Höhenmeter, Länge 20 km

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