Tag 6: Via Ferrata Marmotta, 2.260 m

Ein Murmeltier musste es schon sein: Weil das Wetter eher unbeständig war, entschied sich die Gruppe erst am Morgen, anstatt die 3.330 Meter über NN hohe Cima Mamotta zu besteigen, sich doch lieber an der Via Ferrata Marmotta auszutoben. Via Farrata, Eisenweg - so heißen Klettersteige auf italienisch, Marmota ist das Murmeltier.

 

Wie praktisch: Der Murmele-Klettersteig befindet sich nur wenige Meter von der Zufallhütte entfernt. Auf den ersten Blick wirkt der Steig nicht sehr schwierig, doch was die Wanderer, die sich nun am Fels versuchen wollten, tatsächlich erwartete, blieb abzuwarten. Jedenfalls waren alle mit der kompletten Ausrüstung am Start: Klettergurt, Klettersteigset, Helm, Handschuhe, Bergschuhe.

 

Thomas Dempfle nutzte die Gelegenheit und führte gleich einen Klettersteig-Grundkurs durch. „Wichtig ist, dass jeder an der Wand auf sein Material vertraut“, erklärte der Bergführer und hängte sich demonstrativ in sein Set, „wer sich mit der Ausrüstung richtig verhält, ist sicher unterwegs.“ Mit Übungen, sich einzuhängen, die Karabiner richtig zu bedienen und die Tritte am griffigen Fels zu suchen, erlangten die Teilnehmer erste Sicherheit.

 

Dann also nach oben. Der Klettersteig überwindet mit seinem 130 Meter langen Stahlseil eine Höhe von 70 Metern. Unterteilt ist er in drei Sektionen, deren Schwierigkeit sich von unten nach oben von A bis C+ steigert. Nach jeder Sektion ist der Ausstieg möglich. Dieses Konzept macht den Murmele-Steig sehr anfängerfreundlich.

 

Dass er trotzdem seine Tücken hat, zeigte sich an zwei Schlüsselstellen, die ein gewisses Maß an Kraft und Geschick verlangten. Besonders der oberste Ausstieg, der über einen Überhang verläuft, forderte die Wanderer am Klettersteig heraus. Nach mehreren Versuchen einiger Teilnehmer bezwang als erste Regine (siehe Foto) diese Schlüsselstelle und wurde unter Applaus zur neuen Bergkönigin gekürt: Regine on the Rocks.

 

Nach der neuen Erfahrung wollte die Gruppe den letzten Tag ihrer Standortwoche mit einem Mittagessen auf der Lyfi-Alm ausklingen lassen. Um dorthin zu gelangen, wählten die Wanderer aber nicht den Almenweg (siehe Tag 3), sie entschieden sich für eine etwas kürzere, nur sechs Kilometer lange Strecke. Mit strammen Waden ging es zunächst hoch bis zum Gelenk auf 2.450 Meter Seehöhe, dem Aussichtspunkt mit Weitblick - bei guter Sicht. Die Wolken jedoch hingen tief.

 

Der Weg 33 A ist ein Tipp, verläuft er im letzten Drittel durch einen Zauberwald. Hier stehen uralte Kiefern, Zirben und Lärchen mit knorrigen Stämmen und dicken Wurzeln zwischen riesigen Felsen und Steinplatten. Hingucker einer ungezähmten Natur.

 

Nach dem gewohnt guten Essen auf der Lyfi-Alm ging es zurück zur Zufallhütte - durch ein Gewitter mit Regen und Hagel. Welch gute Entscheidung, nicht die Cima Marmotta zu besteigen.

 

Mit einem gemütlichen Abend und der Heimfahrt am nächsten Morgen endete diese Standortwoche in der Zufallhütte im Martelltal. Das Team um Hüttenwirt Uli hat mit seiner Gastfreundschaft und leckerem Abendessen, lockeren Sprüchen und geistigen Getränken viel zu dem tollen Erlebnis in der Ortler-Region beigetragen. Und: Ohne Bergführer Thomas Dempfle von der Oase Alpin Bergschule in Oberstdorf wäre die Gruppe nicht in diese entlegene Welt über 3.000 Metern Seehöhe vorgedrungen.

 

Es war eine sehr schöne Woche mit dieser immer wieder erfrischenden und vertrauten Gruppe. Auf ein gesundes Wiedersehen im Juni 2023 mit einer weiteren Wanderwoche.

 

Kletterzeit 15 Minuten, Länge 130 Meter, Auf- und Abstieg 70 Hm

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