Wanderung vom Prinz-Luitpold-Haus zum Landhotel Adler

Tag 4

Steil und knackig. Mit diesen Begriffen lässt sich die heutige Tour auf den Punkt bringen. Das bestätigen die heutigen Eckdaten: Tageslänge: gute neun Stunden, davon acht Stunden Gehzeit, Aufstieg 950, Abstieg 1.700 Höhenmeter, Länge 15,5 Kilometer.

Und all das kam so zusammen: Nach dem frühen Frühstück im Prinz-Luitpod-Haus in Bayern machen wir uns um 7.45 Uhr auf die Beine. Kurz hinter der Hütte beginnen Schneefelder, uns das Leben schwer zu machen. Sie sind steil, zum Teil durch Bäche ausgehöhlt und schwer zu begehen. Bergführer Thias schlägt mit seinem Pickel Tritte ins Eis. Wir kommen überall gut durch, aber die weißen Barrieren kosten Zeit.

Der Himmel ist tief blau, und vor uns breiten sich auf den Hochalmen Blumenteppiche aus. Alles blüht, weiße Wasserfälle kontrastieren das tiefe Grün der Wiesen und Weiden. Es ist eine Freude, hier zu wandern.

Aber: Es geht stetig steil bergauf.

Eine Treppe, die auch zum EU-Förderprogramm Grenzgänger-Weg gehört, führt hinauf zum Himmelecksattel auf 2.009 Meter über NN. Die Stufen sind eine Art Himmelsleiter (mir geht der Rocksong Stairway to Heaven durch den Kopf, vor allem in der hier hinterlegten Cover-Version von Heart). Hier legen wir nach den ersten zweieinhalb Stunden die erste Rast ein und dösen im Warmen Gras, die Allgäuer Klassiker wie Höfats, Trettach und Schneck im Blick.

Plötzlich unerwarteter Besuch: Thomas Dempfle und seine Frau Judith kommen von der anderen Seite den Berg hinauf: „Ich wollte nur mal sehen, ob hier alles läuft“, frotzelt der Chef von Oase Alpin (siehe Extratouren: Besuch vom Chef).

Doch bald schon müssen wir weiter. Unten an einer Almhütte hat Thomas Dempfle für jeden eine Klettersteigausrüstung deponiert. Die findet nun im Rucksack Platz – während die Schlafsäcke in der Prinz-Luitpold-Hütte geblieben sind: Die brauchen wir erst wieder in der übernächsten Nacht. Ganz schöne Logistik, die eine solche Tour erfordert.

Von der Almhütte unterhalb des Berges Großer Wilder geht es wieder steil bergauf. Erst fordert ein Felsenfeld mit teils übermannshohen Brocken unsere Konzentration und unsere Kraft. Danach hievt uns ein steiler Serpentinenpfad nach oben.

Plötzlich wird es ganz still in der Gruppe. Der Rhythmus der eigenen Atmung, gepaart mit den langsamen, kleinen Schritten und dem fortwährend gleichen Takt der Trekkingstöcke hinterlässt seine Wirkung: Das Bergwandern entfaltet seine meditative Kraft. Jeder hängt seinen Gedanken nach, die sich oft um Nichts drehen und so den Alltag vergessen machen.

Oben dann kurze Trinkpause und los über eine karge Hochfläche. Das Auf und Ab mit gelegentlichen Klettereinlagen schraubt die Summe der Höhenmeter ordentlich nach oben. Was jedoch so richtig reinhaut, ist der Abstieg hinunter nach Hinterhornbach. Der beschauliche Ort in Tirol ist so groß, wie er sich anhört, birgt aber unser Ziel: Landgasthof Adler.

Bevor wir jedoch die erste Runde kalter Getränke auf der Sonnenterrasse genießen, müssen wir noch 800 Höhenmeter absteigen. Der Weg beginnt oberhalb der Baumgrenze, führt dann durch Latschenfelder, Birken und Lärchen hinunter in einen von hohen Tannen dominierten Mischwald. Sehr schön, aber unsere Füße beginnen allmählich zu schmerzen. Kein Wunder: Der Abstieg hat es in sich. Zum Schluss noch einen guten Kilometer durch Hinterhornbach, und der überaus gastliche Landgasthof Adler ist erreicht.

Wie gesagt, ein toller Tag. Aber: steil und knackig.

Extratouren: Besuch vom Chef

Thomas Dempfle, Chef von Oase Alpin aus Oberstdorf, und seine Frau Judith haben uns auf der Tour besucht. Diese Wanderung ist die zehnte mit der Gruppe in mehr oder weniger veränderter Zusammensetzung – und Thomas Dempfle hat sie bisher immer geleitet. In diesem Jahr jedoch hat ihm Corona einen Strich durch die Planung gemacht. Deshalb ist unser Bergführer Mathias eingesprungen. Eine super Wahl.

Bilderrätsel

Was haben der Hochvogel, um den der Grenzgänger-Weg sich windet, und Bergführer Mathias gemeinsam? Er weiß es: „Der Hochvogel sieht von allen Seiten gut aus. Genau wie ich.“ Hier ist das Beweisfoto: Mathias vorn links, Hochvogel hinten rechts.

Text und Fotos: Claus-Georg Petri

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