Tag 2: Brunnerhof - Valtelehof

Der Meraner Höhenweg hat sich heute ein neues Attribut verdient: Meraner Berg- und Talbahn. Tatsächlich startet die Gruppe nach erholsamer Nacht in einen ereignisreichen Wandertag - bergab. Es ist schon erstaunlich, wie weit Wege hier bergab führen, ohne unten anzukommen.

 

Es geht durch dichten Wald, der den Boden vor Erosion und das Tal vor Lawinen schützt, über Weiden und Wiesen, in deren hüfthohem Gras Blumen mit ihren farbenfrohen Blüten Bienen anlocken. Hier in den Bergen blüht und sprießt alles, zu den Blumen kommen später blühende Esskastanien, in Landessprache Keschten, dazu.

 

Es ist üppig grün, nur an manchen Berghängen stehen gespenstische Wälder: Deren Bäume haben Trockenheit und Borkenkäfer in unheilvollem Zusammenspiel geschafft.

 

Der Weg verläuft durch steiles Gelände, und nach einem Abstieg von 450 Höhenmetern hat die Gruppe eine Schild erreicht, das in eine hoffnungsvolle Richtung weist: Naserhof. „Dort machen wir Mittagspause“, muntert Thomas Dempfle seine Gruppe auf. Das ist doch ein Wort.

 

Doch vor dem guten Appetit hat der Chef den Aufstieg auf 1.150 Meter vorgesehen, also 350 Höhenmeter bergauf. Schritt für Schritt geht es hoch, Bergschuhe auf Baumwurzeln, Pfade durch dichtes Grün, Wege durch lichten Wald. Am Ende der schweißtreibenden Abwechslung jedoch ist der Naserhof erreicht, eine Hütte vor grandiosem Panorama. Heute ist es nicht so heiß wie gestern, es ziehen sogar ein paar Wolken auf.

 

Der Blick in die Speisekarte offenbart Südtiroler Leckereien, und ganz unten steht: „Dienstags Livemusik mit Karl.“ Bald stehen Salat mit Knödeln, Käseplatten und selbstgemachter Kuchen auf den Tischen, da taucht Karl auf. Tatsächlich.

 

Der stramme 70er packt seine Ziehharmonika der Marke „Alpengold“ aus und legt los. Mit lang einstudiertem Hüftschwung zu krachlederner Musik und eindeutigen Texten („In meiner Lederhos‘, da ist was los...“) versucht er, die Herzen der Zuhörerinnen zu brechen. Pech gehabt: Bei den Mädels der Gruppe kann er nicht landen.

 

Doch Essen und Trinken sowie manches Nickerchen auf einem Liegestuhl mit Aussicht (nach innen) sind gut. Eine prima Stärkung, um danach den Weg fortzusetzen - bergab. Mehr als 500 Höhenmeter geht es runter. Thomas Dempfle hat einen Bach mit Gumpen versprochen. Zumindest Füße rein, sogar schwimmen sei möglich.

 

Bergab, bergab, bergab. Dann eröffnet sich hinter einer Kurve der Blick auf einen Bach mit Gumpen, über den eine hölzerne Brücke führt, wie aus dem Märchenbuch.

 

Pause. Rucksäcke runter, Schuhe aus, Socken weg und rein mit den Füßen ins glasklare Wasser. Eiskalt, jedenfalls im ersten Moment. Doch nach einer kleinen Weile geht es. Viele entspannen auf mächtigen Felsen, machen ein Schläfchen, es kehrt Ruhe ein.

 

Einzig Brunhilde hat sich den Bikini-Orden verdient: Sie traut sich vollständig ins seichte Wasser. „Zweimal war ich drin“, verrät sich später, „es war herrlich erfrischend.“ Manche schrecken eben vor nichts zurück.

 

Wahrlich erfrischend: Der nächste Aufstieg von schlappen 350 Höhenmetern schreckt nun niemanden mehr. Wieder schlängelt sich der Pfad durch dichten Wald, um auf frisch gemähten Wiesen zu enden. Darüber flattert schon die rotweiße Flagge Südtirols mit dem markanten Wappen und dem roten Adler im Wind. Unverkennbares Zeichen: Das Ziel des Tages ist erreicht: Berggasthof Valtelehof auf 1.200 Meter Seehöhe.

 

Chefin und Köchin Marlies Marth und ihr Mann Hermann Pircher haben die Küche schon angeheizt. Es locken Südtiroler Spezialitäten. Ein gelungener Abschluss eines Wandertages über Berg und Tal auf dem Meraner Höhenweg - nach der heißen Dusche.

 

Die Nacht verbringt ein Großteil, der Gruppe im Zwölfbettzimmer. Mal hören, ob jemand schnarcht.

 

Aufstieg 900 Hm, Abstieg 900 Hm, 5,5 Sunden, 15 Kilometer

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