Tag 2: Rund um den Großen Widderstein (2.533 m)

Text und Fotos: Claus-Georg Petri

Erst Frühstück, dann ab in den Walserbus: Zimmerschlüsselkarte gilt als Ticket: Sie ist die Allgäu-Walser-Card mit jeder Menge Vergünstigungen. Sehr löblich.

 

Nur wenige Minuten Fahrt, und das Grün des saftigen Waldes nimmt die Wandergruppe auf. Bei Bödmen verläuft der Pfad in sanften Bögen und Schwüngen neben dem Gemstelbach. Hohe Tannen und Buchen flankieren den Weg, der langsam an Höhe gewinnt.

 

Noch drücken vom Himmel Wolken tief hinunter ins Gemsteltal. Immerhin hat es aufgehört zu regnen, mühsam versucht die Sonne, sich durch das Grau zu kämpfen. Gelegentlich zeigt sich hier und da ein Stück blauer Himmel.

 

Doch den Wanderern macht das nichts aus. Zum einen sind sie sehr gut gegen Regen und Kälte ausgerüstet, und erst recht die derben Wanderschuhe, passend für Wege durchs Hochgebirge, halten ihre Füße trocken und warm.

 

Außerdem haben sich die 13 Freunde viel zu erzählen. Seit 2011 wandern sie stets in der letzten Juniwoche zusammen mit Thomas Dempfle, dem Chef der Oberstdorfer Bergschule Oase Alpin, durch die Alpen. Sie stammen zum Großteil aus der Esslinger Ecke, aber es sind auch Teilnehmer aus Bayern, Hessen und sogar NRW dabei. Und das jedes Jahr aufs Neue.

 

Als Auftakt für diese Standortwoche mit der Basisstation im Hotel Alte Krone in Mittelberg steht „ein Klassiker auf dem Programm“, wie Thomas Dempfle erklärt: „die Umrundung des Großen Widderstein mit seinen 2.533 Meter über NN gehört für einen Aufenthalt im Kleinwalsertal einfach dazu.“ Und obwohl es knackig zur Sache geht – acht Stunden wandern, 950 Höhenmeter – sei die Runde nicht so schwierig: „Es warten ein paar Hütten zum Einkehren am Wegesrand.“

 

Die erste lässt nicht lange auf sich warten. Erst bekommt Albrecht zu seinem 67. Geburtstag ein Spalier und ein Happy Birthday. Dann, nach dem spektakulären Wasserfall in der Gemstelklamm hält in der Hinteren Gemstelhütte das Wirtsehepaar Sabine und Mathias Fritz auf 1.320 Meter Kaffee und Kakao, vor allem aber selbstgebackenen Kuchen für ihre Gäste bereit. In der Auslage locken verführerischer Schnaps und Würste vom selbst geschossenen Hirsch.

 

Frisch gestärkt geht es bergauf, die Steigung treibt den Wanderern den Schweiß auf die Stirn. Die Outdoor-Hemden kleben, obwohl die Luft gerade mal um die 13 Grad warm ist, friert niemand.

 

Kurze Pause und kleinen Schluck Wasser aus der Flasche auf der Oberen Gemstelhütte auf 1.694 Meter Seehöhe. Sie ist noch geschlossen, erst im Juli werden hier Gäste bewirtet. Noch ist das Wetter zu unsicher, nich sind zu wenige Wanderer unterwegs auf der Runde.

 

Tatsächlich zeigt sich immer wieder Blau am Firmament, doch das Grau hält auf dem Weg bergauf die Oberhand. Erst an der Widdersteinhütte auf 2.009 Meter Meereshöhe wärmt die Sonne kurz die verschwitzten Rücken. Zeit für eine Mittagsrast: Flädlesuppe oder Frankfurter mit Senf, Krän (Meerrettich) und Brot, dazu einen heißen Tee oder ein kaltes Bier – je nach Gusto.

 

Die Diskussion, ob ein Teil der Gruppe noch den Gipfel des Großen Widdersteins erklimmen soll oder nicht, erledigt sich bald: Eine junge Frau erzählt, sie habe trotz guter Ausrüstung kurz unterhalb des höchsten Punktes umkehren müssen: zu viel Schnee. Von einer anderen Gruppe sei sogar ein Wanderer aus- und ein Stück bergab gerutscht. Noch ist dieser Aufstieg einfach zu riskant.

 

Über die Ausläufer des mächtigen Berges erreicht die Gruppe den höchsten Punkt der Runde bei 2.020 Meter. Kurz drauf muss sie mächtige Schneefelder passieren. Der Hochalppass, über den einst die Walser aus der Schweiz das Kleinwalsertal besiedelten, hüllt sich in Nebel.

 

Es geht hinab bis zur Bärgunthütte auf 1.408 Meter Seehöhe. Albrecht spendiert eine Runde Marillen-Schnaps, es ist ein bisschen Aufwärmen angesagt.

 

Danach gilt es nur noch, das kurze Stück bis nach Baad zu bewältigen, wo der Bus schon wartet. Zurück ins Hotel. Auf der Rückfahrt herrscht Einigkeit: Der erste Wandertag ist gelungen. War prima.

Gehzeit ca. 7 Stunden, Aufstieg 950 Höhenmeter, Abstieg 950 Höhenmeter, Länge ca. 16 km

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